Inselsommer by Fröhling Heike

Inselsommer by Fröhling Heike

Autor:Fröhling, Heike
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Aufbau Digital
veröffentlicht: 2013-08-14T16:00:00+00:00


18. Kapitel

Am nächsten Morgen wurde Karin vom Geräusch des Regens geweckt, der gegen die Scheiben prasselte. Sie drehte sich um und versuchte wieder einzuschlafen, doch die laute Diskussion, die aus dem Nachbarzimmer zu hören war, ließ ihre Gedanken nicht mehr zur Ruhe kommen. Leons Rufe traten schrill aus dem Stimmengewirr hervor. Dabei war es gerade erst halb sieben! Als sie aufstehen wollte und nachsehen, was nebenan vor sich ging, kehrte wie auf Zuruf Stille ein, so plötzlich, als wäre das vorherige Lärmen gar nicht real gewesen.

Fünf Sätze wollte sie nach dem Aufwachen an ihrem Roman schreiben, das war ihr am Vortag als realistisches Pensum erschienen. Und wenn sie einmal in Schwung gekommen war, würden aus diesem kurzen Abschnitt mindestens drei Seiten werden, so war ihr Plan. Nun fühlte sich ihr Kopf an, als kündigte sich eine Erkältung an. Die Augenlider schienen wie zugeklebt. Oder war es allein die Müdigkeit?

Um kurz nach zwei in der vergangenen Nacht hatten die Buchstaben vor ihren Augen zu tanzen begonnen. Es war ein dilettantisch geschriebener Krimi gewesen, der sie trotzdem in seinen Bann gezogen hatte. Dieses Buch war wie ein Tiramisu mit viel zu viel Alkohol gewesen.

Karin nahm Füller und Block, schob sich das Kopfkissen zurecht, so dass sie bequem auf der linken Seite liegen und mit der rechten Hand schreiben konnte. Aus ihrer Erinnerung tauchte Andreas auf, wie er sie aufgefordert hatte, bei dem Ausflug in die Dünen aus dem Auto zu steigen. Sie setzte den Füller aufs Papier.

Wie ist es möglich, dass bei einer Begegnung die altbekannten Maße ihre Gültigkeit verlieren und von einer Minute zur anderen zu klein erscheinen?

Sie betrachtete das Geschriebene und biss sich auf die Lippe. Es klang nicht schlecht, doch der Bezug zu ihrem Roman war mehr als vage.

Anfangs war es die Verunsicherung, mit der sie nicht gerechnet hatte. Er irritierte sie. Dann fasste sie den Beschluss, dass das nicht passieren durfte. Nicht lachen! Und sofort war es wieder da, das Lachen.

Sie drehte die Kappe auf den Füller. Das Problem bestand nicht darin, eine bestimmte Anzahl von Sätzen zu produzieren. Es bereitete ihr keine Probleme, die begonnene Passage um zehn weitere Seiten zu ergänzen und über Andreas und ihr eigenes inneres Chaos zu schreiben.

Die Schwierigkeit war, das vorhandene Konzept zu füllen. Sie kam sich vor wie jemand, der mit Pfeil und Bogen versuchte, die Mitte einer Zielscheibe zu treffen und stattdessen grundsätzlich mittig das daneben hängende Ölgemälde traf. Wobei sie den Vergleich relativierte, wenn sie an die Worte von Max Frisch dachte: »Die Frau ist ein Mensch, bevor man sie liebt, manchmal auch nachher; sobald man sie liebt, ist sie ein Wunder.« Dann war sie diejenige, die nur den Rahmen des Gemäldes streifte.

Der Disput zwischen Walter und den Jungs wurde wieder lauter. Sie zog sich den Morgenmantel über und räumte die Schreibutensilien in die Nachttischschublade, ging zum Nachbarraum und klopfte.

»Heute ist mein iPad-Tag«, sagte Leon.

»Das können wir doch zusammen machen. Wofür habe ich es runtergeladen?« Jonas sprach betont langsam.

»Kommt nicht in Frage.« Walter sah Karin an, als wäre sie die Richterin, für die es nun galt, eine Entscheidung zu treffen.



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